Reifegradbestimmung der Datenverwendung

Dieser Fachartikel der Autoren Mag. Christian Gasperi und Markus Rotter, MA ist Teil der Artikelserie zum Thema "Datadriven to Success - mit der richtigen Datenstrategie zum Erfolg”.

Einleitung

Der Weg in ein datengesteuertes Unternehmen erfolgt immer über eine den Gegebenheiten angepassten Datenstrategie. Dabei kann man nicht von Null auf Hundert starten, sondern muss den Weg in mehreren Schritten beschreiten.

Auf diesem Weg möchten die Autoren die verschiedenen Phasen zum datengesteuerten Unternehmen und deren Reifegrad eingehen. Die hier vorgestellten vier Reifegrade sind nur ein kleiner Bestandteil bei der Erstellung einer unternehmensweiten Datenstrategie. Jedoch sind diese ein zentrales Element zur Bestimmung des IST-Zustands bzw. zur Ableitung des SOLL-Zustands.

Dabei werden folgende Reifegrade vorgestellt:

  1. Operationales Reporting
  2. Business Intelligence (BI)
  3. Machine Learning (ML)
  4. Artificial Intelligence (AI)

Oben genannte Punkte werden unter folgenden Aspekten näher beleuchtet:

  • Auswirkung auf Entscheidungen (operational vs. Strategisch)
  • Entwicklungszeit
  • Kosten
  • Datenvolumen

Auf dem Weg zu einem datengesteuerten Unternehmen müssen alle oben genannten Reifegrade durchlaufen werden. Den Anfang macht dabei immer das operationale Reporting. Wobei die oben genannten Aspekte immer eine Entscheidungshilfe darstellen ob man als Unternehmen die nächste Eben implementieren soll.

Operationales Reporting

Dieser Reifegrade ist für den täglichen Ablauf im Unternehmen am Wichtigsten. Das Hauptziel in dieser Ebene ist das Ist-Szenario mit keinem bis geringem Anteil an Vergangenheitsdaten. Die Datenquellen sind meist ein ERP und/oder CRM System. Somit ergibt sich ein sehr kurzfristiges Fenster für das Erstellen der Reports. Die Zielgruppe ist unteres bis mittleres Management. Die nativen Daten an sich decken nur ein sehr kurzes Zeitfenster ab, wir sprechen hier von einem Zeitraum innerhalb eines Monats.

Reporting Technologien sind typischerweise Excel, Tableau, Qlik, Microstrategy... mit denen direkt auf das Vorsystem zugegriffen wird.

Typische Fragen in dieser Ebene sind unter anderem:

  • Verkaufszahlen in month-to-date in einer bestimmten Region
  • Aktueller Lagerstand von bestimmten Produktgruppen
  • Produktionsplan versus Realität
  • Volumen bezahlter Rechnungen in month-to-date

 

Folgende Grafik stellt die Einordnung verglichen zu anderen Reifegraden dar:

Aspekte operationales Reporting

Abbildung 1: Entscheidungsaspekte operationales Reporting

Business Intelligence

In dieser Ebene reichen die nativen Daten aus den Vorsystemen nicht mehr aus, da die angestrebten Aussagen zu einer langfristigen strategischen Ausrichtung des Unternehmens führen sollen. Der Fokus liegt darauf auch historische Daten zur Verfügung zu haben und diese mit aktuellen Daten zu vergleichen und eine Handlungsempfehlung abzuleiten.

Auch die Fragestellungen ändern sich in diesem Reifegrad und der Betrachtungszeitraum erhöht sich von einem Monat auf Jahre. Die hier generierten Reports sind zunehmen strategischer Natur. Typische Zielgruppe sind mittleres bis hohes Management.

Diese Ebene erfordert aus verschiedenen Systemen Daten zu beziehen und diese in einer Datenbank zu speichern. Sie ist optimiert für die Erstellung von aggregierten Daten und daraus resultierenden Reports die eine lange Zeitperiode beinhalten. Typischerweise nennt man so eine Datenbank ein Data Warehouse. Dabei ist darauf zu achten, dass das darunterliegende Datenmodell die Erfordernisse des Unternehmens und der einzelnen Fachbereiche im Sinne der strategischen Führung abdeckt, ohne mehrere Entwicklungsrunden in der IT hervorzurufen. Aus Sicht des Reportings ergibt sich eine heterogene Systemlandschaft die einerseits die Vorsysteme, das DWH und Berichts- und Self-service-software, SSRS, PowerBI, Tableau, Qlikview, Microstrategy beinhaltet.

 

Beispielhafte Fragen in dieser Ebene sind:

  • Gabe ein einen Umsatzrückgang über die letzten 12 Monate?
  • Welche Produktgruppen „performen“ im Vergleich zum Vorjahr?
  • Hat sich die Liefertreue in den letzten 12 Monaten verbessert/verschlechtert?
  • Welche Werke haben dazu beigetragen, dass sich die Liefertreue verbessert/verschlechtert hat?
  • Wie viel Rüstzeiten gab es im Vergleich zum Vorjahr?

 

Folgende Grafik stellt die Einordnung verglichen zu anderen Reifegraden dar:

Aspekte BI

Abbildung 2: Entscheidungsaspekte Business Intelligence

Machine Learning

In diesem Reifegrad begegnen uns die Worte BigData und Industrie 4.0 das erste Mal. Wenn immer mehr Daten im Unternehmen erfasst werden und zur Verfügung gestellt werden, dann kann die Business Intelligence keinen Mehrwert mehr bieten. Da sich dieser Ansatz mit Fragestellungen in der Vergangenheit beschäftigt. Im Gegensatz zu Machine Learning, der versucht aufgrund von Mustern mit Algorithmen in Vergangenheitsdaten Vorhersagen von Trends für die Zukunft zu erstellen. Mit dieser Möglichkeit werden die getroffenen Entscheidungen verbessert, bzw. die Entscheidungsträger mit Datenanalysen unterstützt.

Ein weiterer Aspekt in diesem Reifegrad sind die große Anzahl an Parametern und komplexen Relationen, die in den Systemen berechnet werden können ohne Voreingenommenheit zu einer bestimmten Thematik. Somit können oft Ursachen in der Vergangenheit identifiziert werden die zu Problemen geführt haben, die mit einem reinen BI-Ansatz nicht zu Tage befördert würden.

Der Einfluss auf strategische Entscheidungen ist in dieser Ebene sehr hoch und hängt indirekt von der Qualität der gesammelten Daten ab.

Diese Systeme benötigen sehr viel menschliche und technische Ressourcen. Das Personal muss in der IT durchwegs ein hohes Qualifikationslevel (z.B.: Hochschulstudium) aufweisen und werden üblicherweise als Data-Scientists bezeichnet. Ihre Aufgabe ist es die Modelle zu entwickeln, die später dann die Daten für etwaige Entscheidungen liefern. Die IT Systeme müssen in der Lage sein, Millionen von Daten in sehr kurzen Zeiträumen zu verarbeiten. Sie müssen einerseits große Datenmengen vorhalten und andererseits die Modelle in kurzen Rechenzeiten durchlaufen können. Man spricht hier von Big Data Setups wie zum Beispiel Hadoop, BigQuery, Exasol um hier nur einige wenige zu erwähnen. Da diese Systeme hoch skalierbar und performant sein müssen, wird hier oft ein Cloud-first Ansatz gewählt.

Die generierten Aussagen und Reports haben die Zielgruppen des oberen und hohen Managements.

Beispielhafte Fragen in dieser Ebene sind:

  • Welche internen und externen Faktoren haben einen Umsatzrückgang in den letzten 12 Monaten bewirkt?
  • Kann aus Sensordaten ein Ausfall einer Maschine vermieden werden?
  • Kann aus Sensordaten die Ursache von Qualitätsproblemen erkannt werden?
  • Kann aufgrund von Zahlungsbewegungen Geldwäsche abgeleitet werden?
  • Kann aufgrund von verschiedenen Faktoren wie Alter, Bildung, sozialer Status, Zahlungsverhalten... eine Zahlungsunfähigkeit in der Zukunft abgeleitet werden?

 

Folgende Grafik stellt die Einordnung verglichen zu anderen Reifegraden dar:

Aspekte Machine Learning

Abbildung 3: Entscheidungsaspekte Machine Learning

Artificial Intelligence

In diesem Reifegrad befinden wir uns in der Königsklasse der Verwendung von Daten. Diese Ebene stellt die wohl am Stärksten strategisch ausgerichtete Form dar, hier werden die meisten Informationen benötigt.

Der Fokus in dieser Methode liegt noch immer darauf den Entscheidungsträgern mit Datenanalysen die strategische Führung des Unternehmens zu erleichtern. Dies verwundert vielleicht den einen oder anderen Leser. Zur Aufklärung in der Methodik (Algorithmen) werden die Entscheidungen selbständig durch die Maschine getroffen, dies beeinflusst das Ergebnis der Datenanalyse, nimmt aber nicht die Entscheidung der Führungskraft ab.

Das Ziel in AI ist, ein hoher Automatisierungsgrad und möglichst wenig bzw. minimale Intervention durch den Menschen für die Berechnungen der Analyse. Somit wird die Effizienz und Produktivität gesteigert.

Um AI einzuführen benötigt man sogenannte Deep Learning Methoden die aus der Vergangenheit lernen und ein sogenanntes Decision-model erstellen. Dies erfordert noch mehr Rechenleistung und wird oft mit sogenannten GPU-Clustern gelöst. Die Entwicklung solcher Modelle ist mit hohem Zeitaufwand verbunden da die Modelle in iterativen Durchgängen immer wieder neu trainiert werden müssen bis diese zu einem guten Reifegrad herangewachsen sind. Die Kosten für diesen Ansatz sind mit Abstand die höchsten.

Beispielhafte Fragen sind:

  • Wie kann man fehlerhafte Teile schon in der Produktion erkennen?
  • Vorhersagen von Wartungsarbeiten aufgrund von Maschinendaten.

 

Folgende Grafik stellt die Einordnung verglichen zu anderen Reifegraden dar:

Aspekte Artificial Intelligence

Abbildung 4: Entscheidungsaspekte Artificial Intelligence

Schlussbemerkung

Die datengesteuerte Unternehmensführung hängt immer davon ab wie Daten im Unternehmen in Wert gesetzt werden und dies hängt direkt von der implementierten Datenstrategie ab.

Diese beginnt immer mit den Bedürfnissen der Fachabteilungen und muss ein Gesamtbild des Unternehmens darstellen, daraus leiten sich dann die eingesetzten Technologien ab, wobei vermieden werden muss die Technologie nur wegen der aktuellen Trends einzusetzen.

Aus Sicht der Autoren, muss in diesen Zeiten ein Unternehmen zumindest die Business Intelligence Ebene implementiert haben um langfristig am Markt bestehen zu bleiben. Wobei darauf hinzuweisen ist, dass immer eine Koexistenz zwischen den Reifegraden herrschen muss, da es in sich ein Gesamtkonzept zur Führung eines Unternehmens beinhaltet.

Über die Autoren

Mag. Christian Gasperi Markus Rotter, MA

Mag. Christian Gasperi ist seit den 2000ern in der IT tätig und hat in dieser Zeit Erfahrungen mit Business Intelligence, Datawarehousing, Geoinformatik, Datenbanken, IT-Architektur, Systemarchitektur, Projektmanagement und lateraler Mitarbeiterführung gemacht. Markus Rotter, MA ist seit den 2000ern in der IT tätig und hat in dieser Zeit Erfahrungen mit IT-Management, Business Intelligence, Datawarehousing, Datenbanken, Systemadministration, IT-Architekturen, Mitarbeiterführung und Projektmanagement gemacht.
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