Ein Konzept zur Erfolgsmessung in Projekten

Erfolgreiche Unternehmen setzen nach Erfahrung des Autors auf Projekte, um neue Anforderungen umzusetzen. Dies ist auch notwendig, um schnell auf ständig wechselnde Anforderungen des Marktes reagieren zu können. Dabei ist es überraschend, dass sehr viele Firmen den Projektmanagementerfolg dem Projekterfolg gleichsetzen.

Zur Klarstellung werden der Projekterfolg und der Projektmanagementerfolg voneinander abgegrenzt. Da es hier sehr viele Definitionen gibt, definiert der Autor an dieser Stelle, was er unter diesen versteht.

Den Projektmanagementerfolg kann man mit einem Wort beschreiben: OTOBOS. Dieses Akronym steht für „On Time on Budget on Scope“. Das bedeutet, dass das Projekt rechtzeitig, ohne Mehrkosten und mit allen Vereinbarten Aspekten umgesetzt wurde.

Der Projekterfolg lässt sich leicht mit einer „Formel“ beschreiben: OTOBOS + generierter Mehrwert. Das bedeutet, dass man bewertet, welchen Mehrwert das Projekt nun wirklich gebracht hat.

Aus der Erfahrung des Autors und den Gesprächen mit anderen Projektmanagern heraus, wird der Projektmanagementerfolg in vielen Firmen durchaus gemessen, aber der Projekterfolg meist nicht analyisert. Dies ist unverständlich, weil ein Projekt noch lange nicht erfolgreich ist, aufgrund des erreichten OTOBOS.

Wenn man nun noch die Principal-Agent-Theory ins Spiel bringt erscheint nur die Messung von OTOBOS als unpassend. Kurzgefasst basiert diese Theorie darauf, dass es Asymmetrien (Ungleichheiten) zwischen dem Auftraggeber (z.B.: Projektauftraggeber) und Auftragnehmer (z.B.: Projektmanager, Projektteam) bei den Zielen und Informationen gibt. Dies kann zu Handlungen führen, die zu einem suboptimalen Ergebnis führen. Diese Theorie wird an dieser Stelle nicht näher erläutert, kann aber HIER nachgelesen werden. Ein Beispiel wäre ein Projekt, welches hauptsächlich durch Dienstleistungen umgesetzt wird. Es ist kaum messbar, ob bei Teammitgliedern nicht zu wenig (OTOBOS nicht überschreiten), oder zu viel (Puffer bis OTOBOS nutzen) an Zeit auf das Projekt gebucht wurde.

Zusätzlich ist es schwieriger bei einem Projekt wie zum Beispiel dem Bau eines Flughafens OTOBOS zu erreichen, als bei der Asphaltierung eines Straßenabschnitts auf der Autobahn. Daher ist es wichtig, den langfristigen Projekterfolg zu messen.

Es gibt sicherlich viele Methoden, um den Projekterfolg nachhaltig zu bestimmen. Dieser Artikel zeigt Ihnen eine Möglichkeit in fünf Phasen parallel zum eigentlichen Projektmanagement (siehe dazu das Phasenmodell der deutschen Gesellschaft für Projektmanagement) dazu:

  1. Projekttyp bestimmen -> Während der Erstellung des Projektauftrags
  2. Ziele ermitteln und gewichten -> Während der Erstellung des Projektauftrags
  3. Wirkungsketten und KPI ermitteln -> Während der Erstellung des Projektauftrags und im Rahmen der Projektplanung und tieferen Analyse
  4. Messung der Ziele -> im Rahmen des Projektcontrollings und zum Abschluss, dann im besten Fall zu einem späteren Zeitpunkt nochmals
  5. Bewertung der Ziele -> im Rahmen des Projektcontrollings und zum Abschluss, dann im besten Fall zu einem späteren Zeitpunkt nochmals

 

Folgende Grafik veranschaulicht die Vorgangsweise:

Bild 1: Schemenhafte Darstellung der Projekterfolgsmessung in fünf Phasen während der Projektphasen (Quelle: Eigene Darstellung)

Projekttyp bestimmen

In erster Instanz muss der Projekttyp bestimmt werden. In den meisten Unternehmen wird dies höchstwahrscheinlich bereits durchgeführt. Daher kann dieser Typ herangezogen werden. Wenn man die Literatur betrachtet, gibt es viele verschiedene Varianten, um den Projekttyp zu bestimmen. Der Autor hält folgende drei Dimensionen für brauchbar:

Umfang:

Nach Gareis [1] stehen hier die traditionellen Aspekte des Projektmanagements, also Leistungen, Termine und Kosten im Vordergrund. Daher ergibt sich der Umfang Großteils aus dem Projektauftrag (zum Beispiel: Personentage, Dauer, Kosten).

Komplexität:

Westerveld [2] inkludiert im Project Excellence Model die Betrachtung des Projektumfelds und teilt die Projekte in Projekte von geringer, mittlerer oder hoher Komplexität.  Beispiele zur Bewertung der Komplexität wären die Anzahl der Stakeholder, vorhandene Risiken oder die strategische Bedeutung des Projekts.

Neuartigkeit:

Kuster et al. [3] sehen die Neuartigkeit in Anlehnung an Boos & Heitger als weiteren relevanten Aspekt. Es ist ein Unterschied, ob es sich bei dem Projekt um ein Verbesserungsprojekt handelt, wo die meisten Prozesse bereits bekannt sind, oder ob man ein Pilotprojekt über einen Prototypen startet

Diese drei Dimensionen können nun gemeinsam betrachtet werden, um den Projekttyp zu bestimmen. Hier gibt es sehr viel Raum für subjektive Betrachtungsweisen. Sofern die Mehrzahl der Aspekte aber quantifizierbar ist, können Gruppierungen anhand Schwellwerten definiert werden. Ein vereinfachtes Beispiel zur Bestimmung des Typs zeigt folgende Grafik:

Bild 2: Beispielhafte Ermittlung des Projekttyps (Quelle: Eigene Darstellung)

Ziele ermitteln und gewichten

In der nächsten Phase werden nun die Ziele des Projekts definiert. Logischerweise leiten sich diese aus dem Projektauftrag ab. Altefrohe [4] weist darauf hin, dass man aber zwischen dem Projektmanagementerfolg (OTOBOS) und dem Systemerfolg unterschieden. Beispiele für den Systemerfolg sind finanzielle Gewinne, messbare Kostensenkungen und Folgeaufträge. Diese Ziele müssen nun nach Relevanz für den Erfolg gewichtet werden [4].

Es kann auch sinnvoll sein die Ziele zu kategorisieren und etwaige Standardziele je nach Projekttyp gleich zu behandeln, um eine größere Transparenz zu gewährleisten. Mögliche Kategorien sind zum Beispiel der Projektmanagementerfolg (OTOBOS), Ziele zum Projektnutzen (laut Projektauftrag, Wirkungsketten, Prozesse) und Ziele der Organisation (interne Vorgaben an Projekte).

Wirkungsketten und KPI ermitteln

Mit etwas Phantasie kann man nach Stewart [5] nun die Balanced Scorecard (BSC) von Kaplan & Norton dazu nutzen, um die Wirkungsketten und Prozesse, welche durch das Projekt beeinfluss werden, zu ermitteln. In dieser Phase geht es primär darum, die Auswirkungen (direkt und indirekt) des Projekts zu ermitteln und zu erkennen, wie sich diese Auswirkungen gegenseitig beeinflussen.

Danach kann ermittelt werden, welche Kennzahlen herangezogen werden können, um eine Veränderung durch das Projekt darstellbar zu machen.

Die messbaren Ziele werden dann anhand der vier Dimensionen der Balanced Scorecard eingeteilt und können mittels Ampelsystem bewertet werden.

Ein Beispiel wäre hier die Veränderung des Kundenkontakts in der Dimension Kunde. Ein Customer Relationship Marketing (CRM)-Projekt könnte diesen Prozess unter Umständen verändern und verbessern. Die direkte Wirkung wäre eventuell eine effizientere Abwicklung des Kontakts und geringere Wartezeiten für den Kunden. Indirekte Wirkungen wären dann eine höhere Kundenzufriedenheit und Folgeaufträge. Messbare Kennzahlen wären unter anderem Reaktionszeiten, Bestelleingänge, Zeitaufwände zur Bearbeitung.

Die nächste Grafik veranschaulicht die Project Scorecard nach Stewart, Kaplan & Norton:

Bild 3: Die Projektscorecard nach Stewart (basierend auf Kaplan & Norton) (Quelle: Eigene Darstellung)

Messung der Ziele

Bereits während des Projekts können erste Messungen durchgeführt werden, um frühzeitig eingreifen zu können, falls die Zielerreichung gefährdet scheint. Hierbei werden der Projektmanagementerfolg und der Projektnutzen separat gemessen

Der Projektnutzen kann erst später wirklich aussagekräftig gemessen werden, daher können unter Umständen Ziele in nicht relevanten Dimensionen der Project Scorecard außer Acht gelassen werden

Anhand des Projekttyps wird das erreichte Ergebnis der jeweiligen Sektion nun gewichtet und eine Gesamtpunktzahl ermittelt. Diese Kennzahl stellt nun den Projekterfolg in abstrakter Form dar.

Um den langfristigen Projektnutzen darzustellen, sollte die Messung aller Nicht-Projektmanagement-Ziele zu einem vereinbarten Zeitpunkt (wiederholt oder zum ersten Mal) durchgeführt werden.

Folgende Darstellung verdeutlicht die Messung:

Bild 4: Beispielhafte Erfolgsmessung (Quelle: Eigene Darstellung)

Bewertung der Ziele

Die Bewertung dieser Kennzahl ist wahrscheinlich der schwierigste Aspekt. Zwar machen diese Zahlen Projekte untereinander vergleichbar, aber es müssen dennoch sinnvolle Schwellwerte ermittelt werden, welche die Projekterfolge sinnvoll einteilen.

Diese Punktzahl lässt einen direkten Vergleich gleichartiger Projekte sowie auch äußerst unterschiedlicher Projekte (Dank der Gewichtung) zu.

Die Messung und Bewertung sollte gemäß der Principal-Agent-Theorie von einer unabhängigen Stelle (eventuell dem Demand Management direkt) durchgeführt werden, um eine entsprechende Transparenz zu gewährleisten.

Schlussbetrachtung

Das dargestellte Konzept zur Projekterfolgsmessung stellt eine von vielen Möglichkeiten dar und macht sicherlich erst ab einer entsprechenden Anzahl von Projekten Sinn. Die Messung des Projekterfolgs in dieser Form erscheint dem Autor schlüssig und praktikabel, jedoch gibt es naturgemäß auch die „zweite Seite“ der Medaille.

Zum einen ist es schwierig sämtliche subjektiven Bewertungskriterien auszuschließen und zum anderen bedeutet dies auch einen erhöhten Personalbedarf in den Organisationen, um diese Messungen durchzuführen. Des Weiteren kann es zu Unverständnis kommen, was die erreichte „Note“ für ein Projekt nun tatsächlich aussagt. Darüber hinaus gibt es sicherlich noch weitere Möglichkeiten, dieses Konzept weiter auszubauen bzw. müsste ein Transfer von der Theorie in die Praxis erfolgen, um die Tauglichkeit zu verifizieren.

Literaturliste

1 Gareis, R. (2003): Happy Projects!, 1. Auflage, Wien: Manz’sche Verlags- u. Universitätsbuchhandlung

2 Westerveld, E. (2003): The Project Excellence Model: linking success criteria and critical success factors. In: International Journal of Project Management, Vol. 21, S. 411–418. Heruntergeladen von: http://miha.ef.unilj.si/_dokumenti3plus2/194038/the_project_excellence_model.pdf, Zugriff am 18. April 2014.

3 Kuster, J., Huber, E., Lippmann, R., Schmid, A., Schneider, R., Witschi, U., Wüst, R. (2011): Handbuch Projektmanagement, 3., erweiterte Auflage, Heidelberg Dordrecht London New York: Springer Verlang.

4 Altefrohne, M. (2008): Projekterfolg messen. In: C. H. Antoni, E. Eyer (Hrsg.): Digitale Fachbibliothek: Das flexible Unternehmen. 1. Auflage Symposion Publishing.

5 Stewart, W. E. (2001): Balanced Scorecard for Projects. In: Project Management Journal, Vol. 32, No. 1, S. 38–53

Über den Autor

Markus Rotter, MA ist seit den 2000ern in der IT tätig und hat in dieser Zeit Erfahrungen mit IT-Management, Business Intelligence, Datawarehousing, Datenbanken, Systemadministration, IT-Architekturen, Mitarbeiterführung und Projektmanagement gemacht.

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